Vorweggenommen: Ein 100% als echt geltendes Geisterfoto gibt es bisher nicht. Nicht in diese Kategorie fallen außerdem vermeintliche Geisterfotos, die bevorzugt von Medien im 19. Jahrhundert und bis heute erzeugt wurden oder werden. Als abschreckendes Beispiel für die Entstehung eines solchen Fotos kann das physikalische Medium Gary Mannion aufgeführt werden. Mannion behauptet, dass sich bei ihm über Monate hinweg immer derselbe Verstorbene mithilfe von Ektoplasma materialisiert hätte. Allerdings gleichen die Gesichtszüge des vermeintlichen Verstorbenen bis ins kleinste Detail einer Halloween-Maske, die bei Amazon verkauft wird (Vergleichsbilder und interessante Videos sind hier zu sehen, die das „Medium“ beim Betrug zeigen. Information durch Dr. Michael Nahm, Anomalistikforum, E-Mail vom 30.10.2024). Derartige Bilder aus der Pionier- und Frühphase des Fotografierens entstanden mit einer Vorbereitungsphase, während der das Trägermaterial chemisch präpariert wurde. Die Bildaufnahme erforderte ein strenges, ritualähnliches Setting aufgrund langer Belichtungszeiten. Der Fotoapparat war eine große schwarze Kiste, der Kopf des Fotografen befand sich unter einem schwarzen Tuch. Es folgte die Entwicklung und Fixierung des Bildes in der Dunkelkammer: Mittels chemischer Bäder wurde der unsichtbare „Abdruck“ eines Augenblicks der schon vergangenen Realität in ein überdauerndes visuelles Objekt verwandelt (Handbuch der Anomalistik).

Dieser aufwändige Prozess bot natürlich viel Raum für Fehler, beispielsweise durch Unreinheit der Chemikalien, unbemerktem Lichteinfall oder Störungen des Bildarrangements. So wurde eine Schliere im Bild in etlichen Fällen zu einer vermeintlichen Geistergestalt. Erster „Geisterfotograf“ war William H. Mumler (1832-1884), der auf einem Selbstporträt eine weitere Gestalt neben sich erkannte.

Eine Geisterfotografie, eine Anomalie auf einem Foto also, zeichnet sich dadurch aus, dass auf einem gewöhnlichen, in einer Alltagssituation, oder gezielt während einer paranormalen Untersuchung geschossenen Foto nach der Aufnahme etwas zu sehen ist, dass nicht da war, als das Foto entstand – ein Extra gewissermaßen.

Ausschluss von Fehldeutungen und fotografischen Artefakten:
Die meisten vermeintlichen Geisterfotografien/Fotoanomalien sind lediglich Fehldeutungen, die beispielsweise entstanden, weil die Aufnahme eine ungewöhnliche optische Perspektive zeigt oder durch eine kurze Belichtungszeit, die ein in Bewegung befindliches Objekt „einfriert“. Spiegelnde und raue, strukturreiche Oberflächen, Bäume, Wolken und andere natürliche Gegenstände sind eine Steilvorlage für Pareidolie. Fotografische Artefakte entstehen durch eine falsche Bedienung der Kamera, technischen Fehlern oder unbeabsichtigter Doppelbelichtung. Staub sorgt für „Orbs“. Eine Verpixelung des Bildes beispielsweise aufgrund schlechter Lichtverhältnisse sorgt für weitere Artefakte. Auch eine defokussierte Kameraeinstellung, eine lange Belichtungszeit, Blitzlichtreflexionen und Lichtbrechungen sowie Verschmutzung oder Beschlagen der Kameralinse bieten Möglichkeiten, Fotos fehlzudeuten.

Analyse der Fotos:
Neben den Umständen, zu denen das Bild entstand (Ort, Zeit, Wetter, Anlass, anwesende Personen etc.) wird vor allem ein Augenmerk auf die mögliche nachträgliche Manipulation gelegt, die in der heutigen Zeit deutlich vereinfacht wird. Bei der digitalen Forensik prüfen Fachleute die Echtheit der Fotos. Auch der Versuch der Reproduktion/Reinszenierung zur Prüfung der Plausibilität von Thesen und Spekulationen spielt eine wichtige Rolle.

Es gibt fünf Geisterfotos, die international als herausfordernd angesehen werden:

  1. Brown Lady
  2. Chinnery‘s Mutter
  3. Lord Combermere
  4. Ghosts in waves
  5. Tulip Staircase Ghost

Die umfangreichsten und interessantesten Geisterfotografiesammlungen befinden sich in den Händen von Maurice Gross und Tony Cornell.

Eine ungewöhnliche fotografische Anomalie weist auch ein Foto auf, dass dem IGPP via E-Mail 2002 durch Kerstin Zahner zur Verfügung gestellt wurde.

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Quellen

Puhle, Annekathrin (2004): Lexikon der Geister. Über 1000 Begriffe aus Mythologie, Volksweisheit, Religion und Wissenschaft. S. 169 – 171. München: Atmosphären Verlag.

Mayer, Gerhard (2015): Fotografien in der Anomalistik. In: Mayer, Gerhard; Schetsche, Michael; Schmied-Knittel, Ina; Vaitl, Dieter: An den Grenzen der Erkenntnis. Handbuch der wissenschaftlichen Anomalistik. S. 451 – 465. Stuttgart: Schattauer.