In dem spanischen Dorf Bélmez de la Moraleda erschienen erstmals im August 1971 Gesichter auf dem Zementfußboden der Küche eines Hauses in der Calle Real (heute: Calle Maria Gomez). Das Phänomen stand in Verbindung mit der zu Beginn 52-jährigen Maria Gómez und hielt angeblich bis zu deren Tod im Jahr 2004 an.

Maria Gómez fühlte sich ein wenig krank; deshalb schrieb sie dem Erscheinen des ersten Gesichtsbildes auf dem Küchenboden nicht viel Relevanz zu, vielmehr machte sie dafür ihren leicht fiebrigen Zustand verantwortlich. Ihr Sohn entfernte ein paar Tage später das „Gesicht“ und schüttete das entstandene Loch im Boden mit Zement zu. Doch am 8. September entstand an derselben Stelle ein neues „Gesicht“. Dieses Mal hörte der Bürgermeister des Ortes davon und verhinderte eine erneute Zerstörung. So wurde das Bildnis am 2. November aus dem Boden herausgeschnitten und mit einer Glasabdeckung an einer Wand des Raumes befestigt. Am 2. Dezember 1971 folgten Grabungen in der Küche – diesem Bereich des Dorfes wurden schon länger Spukphänomene zugeschrieben.

Im 17. Jahrhundert soll dort eine fünfköpfige Familie ermordet worden sein. Das Haus, in dem die Gesichter erschienen, stand über einem alten Friedhof, wie die Grabungen in der Küche Ende 1971 bestätigten: es kamen in 2,80 Meter Tiefe menschliche Gebeine ohne Schädel zum Vorschein, die umgebettet wurden. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die Phänomene.

Die Ereignisse verbreiteten sich rasch in der Öffentlichkeit. Im Verlauf eines Jahres entstand pro Monat jeweils ein neues Gesicht in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Manchmal passierte dies unmittelbar vor Augenzeugen, manchmal verschwanden die Gesichter wieder oder veränderten ihr Aussehen. Die Polizei aus Madrid machte laut Maria die ersten Untersuchungen. Sie war etwa acht Tage lang im Haus und nutzte zur Untersuchung technische Geräte; dazu wurden Zementproben für eine Analyse entnommen.

Germán de Argumosa, ein spanischer Parapsychologe, begann 1972 mit seinen Untersuchungen und kontaktierte Hans Bender, was zu einer Kooperation in den nächsten Jahren führte, während der sich die Untersuchung der Gesichter fortsetzte [1]. Argumosa war im April 1972 Zeuge gewesen, als sich ein Gesicht innerhalb von zehn Minuten bildete; den Vorgang beobachteten außerdem zwei Reporter und einige Dorfbewohner. Bender erteilte Instruktionen, wie beispielsweise die Versiegelung des Bodens mit einer Plastikplane und anschließender Versiegelung des ganzen Raumes. Dies geschah am 10. Juni 1972. Wenige Stunden später war ein neues Gesicht unter der Plastikabdeckung entstanden. Der Raum sollte zudem kontinuierlich videoüberwacht werden, was allerdings leider nicht umgesetzt wurde. Damit die Familie dennoch weiterhin in dem Haus leben konnte, wurde eine Ersatzküche im Haus installiert. Hier entstanden ebenfalls Gesichter, wenngleich nicht in der Anzahl wie in der originalen Küche. Im Mai und Oktober 1972 sowie im September 1973 reiste Hans Bender selbst nach Spanien, um vor Ort persönlich Untersuchungen durchführen zu können. Besonders faszinierte ihn, dass die Gesichter im Gegenteil zu anderen paranormalen Erscheinungen nicht elusiv (flüchtig) waren; entsprechend hoch war seine Motivation, durch betrugssichere Dokumentation Beweise für den paranormalen Ursprung der Gesichter zu finden. Dabei war auch das Südwestfunk-Fernsehen (SWF) zeitweise für seine Produktion der Serie „Psi“ vor Ort und führte Interviews mit Betroffenen und anderen Personen durch. Zudem wollte man den versiegelten Raum öffnen, die Bodenabdeckung entfernen und hoffte auf erneutes Erscheinen von Gesichtern unter diesen kontrollierten Bedingungen. Doch entsprachen die Ergebnisse nicht den Erwartungen.

Obwohl das IGPP über Archivmaterial zu dem Fall verfügt, stellt sich eine genaue Chronologie der Ereignisse als schwierig heraus. Relativ früh bereits war eine geheime Kommission der Sicherheitspolizei nach Bélmez gekommen – und zwar, um den Parapsychologen Argumosa des Betrugs zu überführen und anzuklagen. Über dieses Ereignis fehlen erwartungsgemäß die Unterlagen, doch bestätigte Maria Gómez in der Sendung Dimension Psi [2] den Besuch und behauptete, dass die Kommission keine Anzeichen für Betrug habe finden können.

Dem entgegen steht ein angebliches Geständnis des Fotografen aus Bélmez, der gegenüber Pressevertretern zugegeben haben soll, die Gesichter selbst angefertigt zu haben. Der Fotograf stritt dies in einem Gespräch mit Hans Bender glaubhaft ab. Vielmehr seien sogar sein Sohn und er selbst bedroht worden, sich nicht mehr zu dem Fall zu äußern. Auch der Bürgermeister gab an, bedroht worden zu sein. Belegt ist mindestens ein Pressebericht, der auf Druck der Regierung entstand. Dieser Artikel beschrieb eine chemische Formel aus Silberchlorid, Silber und Chlor, die unter UV-Licht Gesichter entstehen lassen könnte. Allerdings waren nie derartige Substanzen bei den Proben entdeckt worden.

Trotz der Bemühungen und scheinbar guter Voraussetzungen für eine kontrollierte Dokumentation paranormaler Phänomene, gelang der sichere Nachweis letztlich nicht. Vor der Ankunft eines Notars hatte man die den Fußboden abdeckende Plastikplatte aufgrund starker Wasseransammlungen entfernen müssen. Die Versiegelung war unbeschädigt. Nach dem Trockenlegen des Bodens entstanden tatsächlich trotz erneuter Versiegelung im verschlossenen Raum neue Gesichter, die am nächsten Tag auch fotografiert wurden – doch wurde behauptet, dass der Film unbelichtet oder wahlweise der Entwickler schlecht gewesen wäre.

Am 10. und 11. März 1973 hatten 30 Studenten unter anderem in Begleitung Argumosas die Entstehung von drei Gesichtern live miterleben können. Die Gesichter wurden fotografiert, verschwanden aber nach wenigen Stunden. Argumosa behauptete auch, mit Audiorekordern EVP aufgenommen zu haben und damit den paranormalen Hintergrund der Gesichter belegt zu haben. Der Verbleib dieser Aufnahmen ist nicht geklärt.

Der Jesuit Quevedo, der eigentlich aus Brasilien stammte, aber zu der Zeit in Spanien lebte, fühlte sich dazu berufen – obgleich er selbst durchaus Interesse an paranormalen Phänomenen zeigte – Argumosa und Bender öffentlich scharf zu kritisieren.

Hans Bender wollte nicht aufgeben und führte weitere Untersuchungen mit dem Filmteam vom SWF durch. Kritische Berichte in der Presse bezüglich der „Psi“-Serie führten allerdings zu deren frühzeitigen Abbruch – das Filmmaterial wurde nie gezeigt.

Auch nach dem Tod von Maria Gómez 2004 sollen Gesichter erschienen sein – dann allerdings in ihrem benachbarten Geburtshaus. Diese wurden sehr schnell als Fälschungen angesehen, die lediglich den Tourismus ankurbeln sollten.

Als Erklärung für das Phänomen wurden verschiedene Hypothesen aufgestellt:

  • Religiöse Hypothese: Insbesondere die lokale Bevölkerung verstand in den ersten Monaten das Erscheinen der Gesichter als religiöses Wunder.
  • Konventionelle Hypothese: Die Gesichter seien auf natürliche Weise entstandene Zufallsmuster, entstanden durch Feuchtigkeit und anderen Faktoren. Erst durch Pareidolie würden sie als Gesichter erkannt werden. In diese Hypothese fällt auch die angenommene Möglichkeit des Betrugs und Entstehung der Bilder durch Menschenhand.
  • Paranormale Hypothese: Psychodynamische RSPK-Interpretation mit Maria als Fokusperson.
  • Spiritualistische Hypothese: Die Gesichter entstanden durch das Wirken jenseitiger Wesen, zum Beispiel in Verbindung mit dem Mord im 17. Jahrhundert, unschuldigen Opfern des Bürgerkriegs 1936/37 oder des Umstandes, dass das Haus auf einem alten Friedhof stand.

In Bélmez de la Moraleda gibt es heute ein Museum im ehemaligen Wohnhaus von Maria Gómez, das öffentlich zugänglich ist und in dem die Abbildungen der Gesichter sowie der damalige Zustand des Hauses erhalten geblieben sind. Das Centro De Interpretación De Las Caras De Bélmez informiert in einer Ausstellung über Presseberichte, Videos und Fotos des Falles.

Abbildungen der Gesichter von Bélmez können hier eingesehen werden.

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Fußnoten
[1] Diese Version – das Argumosa Bender kontaktierte – wird in N gleich 1 gegeben, während der später erschienene  Artikel für die Zeitschrift für Anomalistik es so darstellt, dass Bender seinerseits Kontakt zu Argumosa aufnahm.

[2] Die Folge 6 der Fernsehdokumentation Dimension Psi (2003) zeigt eine fünfminütige Präsentation des Falles mit sowohl neu aufgenommenem Material als auch historischen Fotos.

Quellen

Meyer, Gerhard (2018): Die Gesichter von Bélmez. Eine historische Rekonstruktion zu den Untersuchungen eines vermeintlich starken RSPK-Falles. In: Zeitschrift für Anomalistik (18, 2018). S. 104 – 132. Online verfügbar unter: https://www.anomalistik.de/images/pdf/zfa/zfa2018_12_104_mayer.pdf. Zuletzt geprüft am 22.12.2024.

Mayer, Gerhard; Schetsche, Michael (2011): N gleich 1. Methodologie und Methodik anomalisitscher Einzelfallstudien. Schriftenreihe der Gesellschaft für Anomalistik (4). S. 54 – 60. Endingen-Neckarhausen: Gesellschaft für Anomalistik.

Karma, Kaan (2014): Dimension PSI – 2003 – 6v6 – Geister. Online verfügbar unter: https://www.dailymotion.com/video/x1g0fo6. Zuletzt geprüft am 22.12.2024.