1. Einleitung
Dieser Artikel behandelt zunächst den 2022 erschienenen Bericht im Journal of the Society for Psychical Research, wirft dann einen weiteren Blick auf die Originalhypothese von Darren W. Ritson und schlägt schließlich die Brücke zu möglichen deutschen Parallelen.
Die einzelnen Quellen werden nicht wortgetreu wiedergegeben, sondern wurden ggf. ins Deutsche übersetzt, gekürzt und wurden in eigenen Worten der Autorin formuliert.
Leute, die in Berührung mit paranormalen Aktivitäten kommen, berichten manchmal davon, dass ihnen „etwas nach Hause gefolgt“ sei. In diesem Fall spricht man von „Contagion“, also „Ansteckung“; vergleichbar mit der Ansteckung von Krankheiten. In den meisten Fällen sind die Ausprägungen relativ mild und vorübergehend. Es scheint in den USA allerdings auch Fälle zu geben, in denen diese Ansteckung jahrelang besteht und einige Betroffene Autoimmunerkrankungen davongetragen haben. Peter McCue hat 32 ihm bekannte Feldforscher befragt, von denen die überwiegende Mehrheit angab, mit Ansteckung noch nicht in Berührung gekommen zu sein.
Wortwörtlich bedeutet „Ansteckung“ den Übertrag einer Krankheit von einer Person auf eine andere durch körperlichen Kontakt. Es wird aber auch in anderen Fällen von „Ansteckung“ gesprochen, die sich auf das soziale Umfeld und auf das Verhalten der Betroffenen beschränken (disinhibitory contagion, echo contagion und hysterical contagion).
2. Paranormale Ansteckung
Menschen, die Orte oder Personen besucht haben, an oder bei denen paranormale Aktivitäten stattfanden, berichteten davon, dass ihnen die Phänomene gefolgt seien. Darren Ritson (2021) berichtet in seinem Buch Poltergeist Parallels & Contagion vor allem von Poltergeist-Fällen und gibt an, dass die Ansteckung normalerweise mild verläuft und vorübergehend sei.
Tatsächlich scheint aber Ansteckung in diesem Fall ein deutlich größeres Phänomen zu sein. So wurde im Zusammenhang mit der bekannten Skinwalker Ranch in den USA von Phänomenen berichtet, die weit über Poltergeist-typische Phänomene hinausgehen. Einige der berichteten Vorfälle waren sehr ernst zu nehmen und langwierig.
Natürlich muss berücksichtigt werden, dass vielleicht nicht alle berichteten Phänomene wirklich einen paranormalen Ursprung hatten. Peter McCue geht allerdings davon aus, dass viele der folgenden Berichte tatsächlich als paranormal einzustufen sind.
In den letzten Jahren gab es in Cornwall eine Serie von angeblichen Sichtungen einer Wesenheit, die wie eine Kreuzung zwischen einem Mann und einer Eule aussah – und entsprechend „Eulenmann“ genannt wurde. Untersucht wurde der Fall durch Jonathan Downes (2006), der in seinem Buch die Sichtungen zwischen 1976 und 1995 aufführt. Vermutlich gab es aber auch noch früher Sichtungen, ab 1926 und bis 2009 (Elizabeth Dale, 2018). Die meisten der bei Downes erwähnten angeblichen Sichtungen fanden in der unmittelbaren Umgebung der Kirche St. Mawnan und St. Stephen statt, einige Meilen südlich von Falmouth. Im südlichen Cornwall traten von Ende 1975 bis Februar oder März 1977 etliche weitere merkwürdige Aktivitäten auf, darunter UFO-Sichtungen, mysteriöse Schläge im Himmel (wobei einige davon vielleicht Schallmauerdurchbrüche der Concorde waren) und mysteriöses Verschwinden von Viehbestand [1].
Downes könnte laut Peter McCue so etwas wie eine Ansteckung widerfahren sein. Er berichtet, dass in den Monaten, in denen er an seinem Buch arbeitete, zwei seiner Hauskatzen plötzlich gestorben seien, dass zwei Computer und zwei Autos den Geist aufgaben und seine Frau ihn verlassen hatte. Letztlich lässt sich das nicht sicher beurteilen, da Leuten ständig Perioden widerfahren, in denen einiges nicht gut läuft. Auch erscheint sehr unklar, was genau an diesen Ereignissen paranormal gewesen sein soll.
3. Aktive und passive Ansteckung
Ritson (2021) unterscheidet zwischen aktiver und passiver Ansteckung. Bei aktiver Ansteckung wird der jeweilige Betroffene direkt von der Intelligenz, die hinter den Vorfällen steckt, angegriffen. Passive Ansteckung passiert ohne dahintersteckende Intelligenz.
4. Ansteckungsstadien
Ritson (2021) schlägt verschiedene Ansteckungsstadien vor:
Stadium 1: jemand, der in direktem Kontakt mit dem von Spuk Betroffenen steht (z.B. Feldforscher)
Stadium 2: jemand, der mit dem Hauptbetroffenen indirekt auf irgendeine Art Kontakt hatte (z.B. ein Freund des Feldforschers)
Stadium 3: jemand, der wiederum mit dem in Stadium 2 erwähnten Freund Kontakt hatte
Ritson geht davon aus, dass Stadium 2 tendenziell milder ist als Stadium 1, und dass Stadium 3 noch milder verläuft und selten auftritt.
5. Beispiele paranormaler Ansteckung
Die Symptomatik von paranormaler Ansteckung kann subjektiv sein (z.B. Fühlen einer Präsenz) oder objektiv (z.B. anonyme, nicht erklärbare Telefonanrufe).
Vorfälle im Zusammenhang mit dem Poltergeist von South Shields
Michael Hallowell und Darren Ritson untersuchten 2006 einen Poltergeist-Fall in South Shields, im nordöstlichen England. Betroffen war ein junges Pärchen mit dem Sohn der Frau. Über den Fall berichtet Hallowells und Ritsons Buch, The South Shields Poltergeist: One family’s fight against an invisible intruder.
Hallowells Handy klingelte am 31. August 2006 kurz vor 2 Uhr nachts, hörte aber auf, bevor er den Anruf annehmen konnte. Der Anruf kam von einem Freund. Hallowell rief zurück, aber der Freund stritt ab, ihn angerufen zu haben. Sein Handy befände sich im Auto und er hätte es mehrere Stunden lang nicht genutzt. Allerdings zeigte die Anrufliste, dass sein Mobiltelefon tatsächlich zur angegebenen Zeit Hallowell angerufen hatte. Später an diesem Tag besuchte der Freund Hallowell und es stellte sich heraus, dass der Freund gerade an dem von einem Poltergeist betroffenen Haus in South Shields vorbeigefahren war, als das Handy Hallowell anrief. Noch während sich die beiden in Hallowells Garten unterhielten, klingelte Hallowells Telefon erneut. Er holte es aus dem Haus und las eine „Anruf verpasst“-Nachricht – wieder hatte ihn der Freund angerufen, obwohl der ja bei ihm stand und dessen Handy ausgeschaltet war. Dann bekam Hallowell eine Textnachricht, die ihn auf eine Sprachaufzeichnung in seiner Voice Mail aufmerksam machte. Es handelte sich um eine Aufzeichnung des Gesprächs, das er gerade mit seinem Freund geführt hatte.
Ein weiterer Vorfall, der einen unmittelbaren Bezug zum South Shields Poltergeist zu haben scheint, betrifft eine Grafologin, die beauftragt worden war, einige handgeschriebene Nachrichten zu untersuchen, die angeblich vom Poltergeist stammten. Während sie die vermutlich abfotografierten Nachrichten in ihrem Garten sitzend untersuchte, spürte sie plötzlich eine Präsenz hinter sich; die eines großen Mannes in einem langen, dunklen Mantel. Diese Beschreibung ist identisch mit der, die der dreijährige Sohn des betroffenen Pärchens in South Shields gemacht hatte. Der Junge hatte wiederholt behauptet, eine solche Erscheinung gesehen zu haben. Die Grafologin war durch den Vorfall extrem verstört (Ritson 2021).
Poltergeist-Phänomene in einem Bettenladen
Colin Davies (1991) berichtete von diesem Fall in York, den er untersucht hatte. Betroffen war ein riesiger Bettenladen, der sich über vier Stockwerke hinzog. Während seines ersten Besuchs im November 1990 beobachtete er selbst Phänomene. Zum Beispiel sah er, wie wenige Zentimeter unterhalb der Decke ein Textmarker erschien, horizontal gut drei Meter weit flog und dann in einem Bogen auf den Boden fiel, wobei er eine Karteikartenbox traf. Die einzigen anderen Anwesenden waren der Inhaber und seine Assistentin; diese befanden sich aber in ihren jeweiligen Büros hinter verschlossenen Fenstern und Türen.
Innerhalb einer Woche nach seinem Besuch erhielt Davies über 70 merkwürdige Telefonanrufe. Manchmal hörte er elektronisches Piepen, manchmal war die Leistung still. Manchmal hörte er auf seinem Anrufbeantworter, wie der Inhaber des Bettenladens abhob. Der Inhaber bestätigte, dass er angerufen worden sei, sich aber niemand gemeldet hatte.
Geisterhafte Phänomene auf einem Cottage
1979 rief Malcolm Robinson eine Gruppe ins Leben, die er Strange Phenomena Investigations (SPI) nannte und die es heute noch gibt. 1994 besuchten er und zwei weitere SPI-Mitglieder eine Familie, die von geisterhaften Phänomenen auf ihrem Cottage in Buchlyvie, Schottland, betroffen war. Nachdem er am frühen Morgen wieder zuhause war, saß Robinson in seinem Lieblingssessel und blätterte in einer Zeitung. Plötzlich hörte er zwischen vier und sechs sehr laute Klopfgeräusche, die direkt hinter seinem Kopf herzukommen schienen. Er ging nach draußen, um nachzuschauen, konnte aber keine Ursache feststellen.
Ansteckung in Zusammenhang mit der Skywalker Ranch
Ein Ort, der als „Skinwalker Ranch“ in den letzten Jahren für viel Aufsehen gesorgt hat, scheint ein besonderer Anziehungspunkt für paranormale Phänomene zu sein. 2,5 Meilen südwestlich von Fort Duchesne im nordöstlichen Utah gelegen, befindet sich die Ranch innerhalb eines Gebietes, das Uinta Basin genannt wird und durchaus eine Historie in Bezug auf UFO-Sichtungen vorzuweisen hat, von denen einige vielleicht auf seismische Aktivitäten des Gebiets zurückzuführen sind (Persinger & Derr, 1985). Die Ranch nimmt 500 Acre (ca. 200 Hektar) ein und ist von den Indianerreservaten Uintah und Ouray umgeben, obwohl die Ranch selbst wohl nicht als Stammesland klassifiziert ist. In den Quellen gibt es unterschiedliche Angaben darüber, ob auf der Ranch schon vor 1994 paranormale Vorfälle passiert sind.
In den Überlieferungen der nativen amerikanischen Ureinwohner der südwestlichen USA handelt es sich bei einem Skinwalker um eine böse Hexe, die in der Lage ist, ihr Erscheinungsbild zu verändern, indem sie beispielsweise als Wolf oder Bär erscheint. Es ist unklar, ob es einen Zusammenhang zwischen den berichteten Phänomenen und der kulturhistorischen Geschichte des Ortes gibt.
Die Familie Sherman kaufte die Ranch im Jahr 1994. Sie berichteten von multiplen Phänomenen, die sie erlebten; darunter Poltergeist-ähnliche Vorfälle, UFO-Sichtungen, Verstümmelungen von Vieh und anderes. 1996, nach weniger als zwei Jahren, verkauften sie die Ranch an den Geschäftsmann Robert Bigelow aus Las Vegas. Er interessierte sich für unerklärliche Phänomene und finanzierte eine private Untersuchungsorganisation (National Institute for Discovery Science – NIDS), die zwischen 1995 und 2004 aktiv war. Ab 1996 war ihr Chefermittler Dr. Colm Kelleher, ein Biochemiker. Obwohl die NIDS Zeuge von Phänomenen auf der Ranch war, gelang es ihr nicht, diese aufzuzeichnen. Sie glaubten, dass die Entität, die hinter den Aktivitäten steckte, mit ihnen spielte.
Lacatski et al. (2021) erklärten, dass die Bigelow Aerospace Advanced Space Studies (BAASS) 2008 einen 22-Millionen-Dollar Vertrag mit der US-Regierung abschloss. Auf Seiten der Regierung wurde der Vertrag durch die Defense Intelligence Agency verwaltet und das Programm, das durch die BAASS erfüllt werden sollte, war als Advanced Aerospace Weapon System Applications Program (AAWSAP) bekannt. Kelleher, der zuvor bei der NIDS gewesen war, wurde im November 2008 durch die BAASS als stellvertretender Verwalter eingestellt (Bigelow unterstellt, der CEO und Verwalter war).
Einschließlich einer kostenfreien Verlängerung war die AAWSAP bis Dezember 2010 aktiv. Ihre breit aufgestellten Untersuchungen beinhalteten paranormale Phänomene im Zusammenhang mit nicht identifizierbaren Himmelserscheinungen (unidentified aerial phenomenon, UAP, frühere Bezeichnung UFOs); dabei fanden auch Untersuchungen auf der Skinwalker Ranch statt, die weiterhin in Bigelows Besitz war.
2016 verkaufte Bigelow die Ranch an Brandon Fugal, einen Immobilienunternehmer aus Salt Lake City. Fugal finanzierte wissenschaftliche Untersuchungen auf der Ranch, die auch verfilmt wurden (The Secret of Skinwalker Ranch). Bis heute (November 2022) waren zwei Folgen der Serie im Free-TV ausgestrahlt worden.
Lacatski et al. gibt an, dass zwischen 1996 und 1999, als Kelleher und sein NIDS-Kollege Dr. Eric Davis, hunderte Nachtwachen auf der Ranch durchführten, ihre Frauen manchmal aufwachten und angeblich „Leute“ in ihren Schlafzimmern sahen, oder schwarze Schatten, die durch ihre Häuser schritten.
Diese Ansteckung während der NIDS-Jahre war eher mild, wurde aber deutlich stärker, als die AAWSAP 2009 übernahm. Ein Beispiel dafür ist der leitende Luft- und Raumfahrtingenieur Jonathan Axelrod (vermutlich ein Pseudonym), der die Ranch im Juli 2009 und ein paar weitere Male besuchte. Seine Frau und seine Kinder erlebten daraufhin über 12 Jahre lang bizarre Phänomene, wie beispielsweise Sichtungen von „Hundemännern“ und Orbs verschiedener Farben. Lacatski behauptet sogar, dass es eine Art Regel für Besucher wurde, dass diese „etwas“ von der Ranch mit nach Hause brachten. Ursprünglich stammt diese Behauptung von Robert Bigelow, der Anfang 2021 erklärt hatte, dass er und seine Frau Phänomene erlebten.
Lacatski et al. berichten, dass George Knapp mehrere Male auf der Ranch war, sowohl vor als auch nach den Untersuchungen durch die AAWSAP. Manchmal sei er auch über Nacht geblieben. Nach diesen Besuchen – es ist unklar, ob nach allen oder nur nach denen, die er auch über Nacht blieb – hatte seine Frau berichtet, Erscheinungen in ihrem Haus gesehen zu haben, wie blaue Orbs draußen vor einem Fenster. Allerdings bleibt auch hier offen, ob Knapps Frau diese Erlebnisse hatte, während Knapp auf der Ranch war, oder nachdem er heimgekehrt war.
Auch das Sicherheitspersonal berichtete von Ansteckung. Lacatski et al. berichten, dass Kelleher und Knapp mehr als zehn Angestellte separat interviewten. Sie waren zweiwöchentlich im Einsatz auf der Ranch gewesen, als Teil der AAWSAP. Sie alle bestätigten, dass sie oder ihre Partner im Anschluss an ihren Aufenthalt auf der Ranch paranormale Aktivitäten zuhause erlebt hätten.
Weiterhin gibt Lacatski an, dass nach dieser Ansteckung durch Skinwalker Ranch Besucher viele der Familienangehörigen mit einer Autoimmunerkrankung diagnostiziert wurden, so wie Sjögren-Syndrom, Hashimoto-Schilddrüsenentzündung oder Myasthenia gravis.
6. Berichte von Ermittlern/Feldforschern
Ansteckung, wie sie oben beschrieben wird, wird in der Literatur über spontane Phänomene (Spukorte, Poltergeistaktivitäten etc.) von der Skinwalker Ranch einmal abgesehen, selten behandelt. Peter McCues Interesse an paranormalen Phänomenen geht nach eigenen Angaben mehrere Jahrzehnte zurück und er hat selbst etliche Untersuchungen durchgeführt, ohne sich dabei angesteckt zu haben. Er hat auch von anderen Ermittlern quasi nichts über eine Ansteckung gehört. Vielleicht ist eine solche Ansteckung aber eigentlich recht häufig, nur wird sie selten berichtet, insbesondere, wenn die auftretenden Phänomene mild, kurzlebig und überhaupt fraglich paranormalen Ursprungs sind. Im Juli 2022 kontaktierte McCue 32 Menschen, die entweder gegenwärtig oder in der Vergangenheit paranormale Vorfälle untersucht hatten. Es handelte sich also nicht um eine allgemeine Befragung, sondern McCue suchte die Personen bewusst aus. Darunter waren bekannte Ermittler/Feldforscher wie Steven Parsons (Autor zahlreiche Publikationen über Ghosthunting) und Malcolm Robinson (ebenfalls Autor).
Von den 32 kontaktierten antworteten 18, wobei McCue die Antworten einer Person ausschloss, da er sich nicht sicher sein konnte, ob die Angaben glaubwürdig waren.
Befragte, die bisher keine Ansteckung erlebt haben
Dreizehn der 17 Befragten gaben an, dass sie selbst bisher keine Ansteckung erlebt hätten. Beispielantworten:
In den vergangenen Jahren habe ich über 60 angebliche Spukorte besucht. Ich habe nie so etwas wie eine Ansteckung erlebt, genauso wenig wie meine Begleiter… Ich vermute, dass dieser Effekt nur gelegentlich auftritt. – Bill Eyre
Glücklicherweise habe ich auch nach beinahe 50 Jahren des Besuches von Spukorten, darunter einige durchaus bemerkenswerte, niemals nach einem Besuch irgendetwas merkwürdiges erlebt, das mich hätte vermuten lassen können, ich hätte mich angesteckt. Mir erscheint auch erwähnenswert an dieser Stelle, dass ich eine große Sammlung an angeblich verfluchten Gegenständen besitze und andere Erinnerungsstücke – etliche davon wurden mir von Menschen geschenkt, die paranormale Erlebnisse mit ihnen in Verbindung brachten. Doch auch diesbezüglich habe ich nie etwas Ungewöhnliches erlebt. – Steven Parsons
In den vielen Jahren, die ich nun in die Erforschung von UFOs/UAPs involviert bin, habe ich sicherlich stressreiche Situationen erlebt (die aber keinesfalls mysteriös waren), aber ich kann nicht sagen, dass ich irgendwann einmal Ansteckung in der Form erlebt hätte, wie du sie beschreibst. – Peter Robbins
Mindestens zwei der Befragten gaben die Frage auch an Bekannte weiter. Soweit McCue weiß, gab es keine positive Rückmeldung.
Befragte, die glauben, dass sie eine Ansteckung erlebt haben oder möglicherweise eine Ansteckung erlebt haben
Vier der Befragten fallen in diese Kategorie:
Malcolm Robinson berichtete von seiner bisher einzigen möglicherweise in diese Kategorie passenden Erfahrung in einem Cottage (siehe Geisterhafte Phänomene auf einem Cottage).
Nick Kyle ist ein früherer Präsident der Scottish Society for Psychical Research. Mit seinem langjährigen Interesse an Medien und anderen Aspekten des Paranormalen ist er spirituell veranlagt. Eines der Erlebnisse, die er McCue gegenüber berichtete, passt möglicherweise in den Bereich Ansteckung; allerdings erwähnte er nicht, dass es in seinem Haus auffallend viele paranormale Vorfälle gab, sondern vielmehr ein Gefühl der Depression, zudem versuchte er bewusst mit einer Entität Kontakt aufzunehmen.
Christian Romer, ebenfalls bereits seit langer Zeit an paranormalen Phänomenen interessiert, ist gegenwärtig der Vorsitzende der Association for the Scientific Study of Anomalous Phenomena. Er berichtet folgendes Ereignis, fügt jedoch selbst hinzu, dass das Erlebte möglicherweise prosaisch erklärt werden kann:
Ich habe über die Jahre verschiedene bizarre Ereignisse erlebt, aber niemals schien eines davon mit mir heimgekommen zu sein – vielleicht bis auf ein Mal. In den späten 90zigern führte ich im Dick Whittington Pub in Westgate, Gloucester, eine typische Geisternacht durch. Sie dauerte nicht lange und ich ging nach Hause und ins Bett. Aber dann weckte mich meine damalige Freundin, Polly, schreiend. Ich sah einen rotnasigen Mann mit blondem, lockigem Haar an der Tür stehen und dachte, er wäre ein Einbrecher. Ich warf die Nachttischlampe nach ihm. Da weckte mich meine offenbar nicht beeindruckte Freundin noch einmal und sagte, die Katze würde auf den Bettvorleger kotzen. Es war also vielleicht eher ein Überbleibsel eines Traumes; die Gestalt stand definitiv an der Tür und erschien real, aber ich glaube, dass die Geisterjagd als psychologische Steilvorlage agierte.
Romer erwähnte ein weiteres Ereignis, an dem er beteiligt war:
1992 experimentierte eine Gruppe Studenten mit ritueller Magie, malte smaragdgrüne Siegel auf eine 2-Pence-Münze und führte einen Golden Dawn-Ritus durch; ein Versuch, einen Liebestalisman herzustellen, der der Venus gewidmet ist. Dann schienen sehr merkwürdige Ereignisse jeden heimzusuchen, der die Münze gerade hatte. Eine Autobatterie entlud sich, Lichtkugeln zerplatzten, wenn Räume betreten wurden, eine Bierflasche explodierte, es gab einen merkwürdigen Vorfall mit zwei Men-in-Black-ähnlichen Gestalten in einem Zug und weitere kleinere spukähnliche Manifestationen. Diejenigen, die nicht unmittelbar an dem Experiment teilgenommen hatten, aber im selben Haushalt lebten (es waren mehrere Haushalte betroffen), erlebten scheinbar diese Phänomene auch, wobei einige nicht einmal von dem Experiment wussten. Die Vorfallreihe endete, nachdem die Münze in einem Ritual in die Grundmauern eines neuen Gebäudes integriert worden war.
June Matlock (Pseudonym) glaubt, dass ihr mehrfach so etwas wie Ansteckung widerfahren sei. Ein Telefoninterview wurde terminiert, aber aus irgendwelchen (wahrscheinlich nicht paranormalen) Gründen versagte ihr Audiorekorder. Außerdem hatte sie eines abends auf dem Heimweg von einer Untersuchung die Erscheinung einer Frau in ihrem Auto gesehen. Diese Erscheinung hatte nach ihren Angaben wohl mit der Untersuchung zu tun.
Weitere Fälle erfüllten letztlich nicht vollständig die Kriterien einer Ansteckung.
7. Diskussion
Vierzehn der 32 Leute, die McCue angeschrieben hatte, antworteten nicht. McCue sieht aber im Vergleich mit den erhaltenen Antworten keinen Grund, dass ausgerechnet diese Leute eine Ansteckung erfahren haben sollten. Somit sieht er seine Einschätzung bestätigt, dass paranormale Ansteckung kein häufig auftretendes Phänomen unter Ermittlern/Feldforschern ist – zumindest nicht unter denen, die er kontaktierte und als „mainstream investigators“ bezeichnet.
Dazu kommt die Möglichkeit, dass einige der Ansteckungsfälle sicherlich prosaisch erklärt werden können, insbesondere wenn es nur einen Zeugen gibt und die Manifestationen vorwiegend subjektiv waren. Als Beispiel nennt er das von Malcolm Robinson geschilderte Erlebnis, als er eine Reihe lauter Klopfgeräusche hörte, nachdem er von einer Untersuchung heimgekehrt war. Er war müde und das Ganze passierte in den frühen Morgenstunden. Deshalb ist es möglich, dass er eine hypnagoge Gehörhalluzination erlebte (die passierte, unmittelbar bevor er einschlief) oder eine hypnapompe Hallzination (die stattfand in dem Zwischenbereich von Schlaf zu Wachsein).
Selbst wenn angenommen werden könnte, dass paranormale Phänomene auftraten, sind einige der aufgeführten Beispiele anderweitig erklärbar. Wenn ein Ermittler merkwürdige Erlebnisse bei sich zuhause erlebt, während er mit einer Untersuchung beschäftigt ist oder war, kann das auch Zufall sein, insbesondere, wenn der Ermittler anfällig für paranormale Phänomene ist und sich die Zuhause erlebten Phänomene von denen unterscheiden, die er bei der Untersuchung erlebt hat. Zeitgleich mit dieser Erklärung gibt McCue an, dass er aber daran zweifle, ob tatsächlich reiner Zufall eine glaubwürdige Erklärung in vielen Fällen sein kann, die ihm mitgeteilt wurden.
Bezüglich der Grafologin im South Shields Fall führt er an, dass es interessant wäre zu erfahren, ob sie anfällig für ESP-ähnliche Erlebnisse war. In dem Fall, führt McCue an, könnte es sein, dass sie telepathisch Informationen von dem Kind über den großen Mann bekam. Ihre Erfahrung wäre damit nicht Folge einer Ansteckung.
Wenn jemand von einer Untersuchung nach Hause kommt und etwas Paranormales erlebt, das an die Ereignisse an dem Untersuchungsort erinnert, könnte es sein, dass das Unterbewusstsein für den Vorfall verantwortlich war, weil sich der Betroffene unbewusst nach etwas sehnte. Als Erklärung führt McCue an, dass der Betroffene sich vielleicht auf die Präsentation bei einer großen Konferenz freue und dass das Auftreten einer Ansteckung dem Ganzen noch zusätzliche Würze verleihen würde.
Oft scheint eine einfallsreiche Intelligenz hinter spontanen paranormalen Phänomenen zu stecken. Ritson (2021) merkt an:
Der fast universelle gemeinsame Nenner in Poltergeistfällen ist die unausweichliche Tatsache, dass Zeugen – vor allem die unmittelbar betroffenen – zunehmend ängstlicher werden. Es ist kein Zufall, dass es schon lange den Glauben gibt – einen gut bezeugten – dass der Poltergeist sich tatsächlich von Angst oder Stress ernährt.
McCue findet die Erwähnung einer auf Angst und Stress basierten Nahrung schwer fassbar, weil es sich dabei um psychologische und physiologische Zustände handele, nicht um Substanzen oder Energieformen. Trotzdem billigt er Ritson zu, dass dieser Recht haben könnte. Denn die Erwähnung von Angst und Stress als Nahrung bietet ein Motiv für eine aktive Ansteckung:
Je mehr Opfer durch den Poltergeist in Angst versetzt werden können, desto mehr hat dieser die Möglichkeit, sich an der Angst zu ernähren. Aktive Ansteckung kann deshalb nichts anderes sein als der Wunsch des Poltergeistes, sein Überleben zu sichern. (Ritson, 2021)
Wenn angenommen wird, dass eine Intelligenz hinter diesen Phänomenen steckt, dann könnte Ansteckung auch einem weiteren Motiv dienen, nämlich, dass sich die Entität damit wehrt, praktisch sagt: Geh weg und lass mich in Ruhe! Wenn das so wäre, gehen Ermittler die Spukorte besuchen oder Betroffene gehen ein höheres Risiko ein, sich anzustecken als beispielsweise Nachbarn, die keine Ahnung oder Interesse an den Manifestationen zeigen.
In Bezug auf zukünftige Untersuchungen kommen McCue verschiedene Fragen in den Sinn, zum Beispiel:
- Hängt die Anfälligkeit für eine reale oder eingebildete Ansteckung mit persönlichen Faktoren und bereits existierendem Glauben an das Paranormale zusammen?
- Steigt die Ansteckungsgefahr, wenn ein Ermittler bereits etwas Paranormales an dem eigentlichen Spukort erlebt hat?
- Gibt es Maßnahmen (z.B. „Schutzrituale“), die helfen können, eine Ansteckung zu vermeiden oder ihre Auswirkungen zu reduzieren? Falls das so ist, ist dann ihre Wirksamkeit davon abhängig, ob der jeweilige Anwender daran glaubt?
Spontan würde ich (die Autorin) alle diese Fragen mit „ja“ beantworten. Ich halte den Glauben immer für entscheidend, ob und wenn ja, was erlebt wird oder werden kann. Der Wunsch, paranormale Phänomene zu erleben, kann dazu führen, dass diese tatsächlich erlebt werden – oder Erlebnisse als paranormal interpretiert werden.
Das Erleben eines paranormalen Ereignisses kann im Umkehrschluss dazu führen, dass man sich wünscht, weitere zu erleben – und damit gewöhnliche, tatsächlich zufällige Geschehnisse schlicht falsch interpretiert bzw. man ihnen eine übergeordnete Bedeutung zumisst.
8. Weiterer Fall von Darren W. Ritson
In Poltergeist Parallels and Contagion bringt Ritson (2021) ein weiteres Beispiel einer Ansteckung, die mit dem San Pedro/Weldon-Poltergeist im Jahre 1989-1990 in Zusammenhang gebracht wird. Dieser Fall gilt als einer der brutalsten Poltergeistausbrüche. Untersucht wurde er durch Dr. Barry E. Taff und seinem Mitarbeiter Barry Conrad. Taff ist sehr erfahren und bekannt für die Untersuchung diverser heftiger Poltergeistfälle. Sein bekanntester Fall dürfte der von Doris Bither (1974) sein. Die Betroffene behauptete, mehrfach von drei männlichen Entitäten vergewaltigt worden zu sein. Der bis heute allerdings auch wegen ein paar Unklarheiten umstrittene Fall wurde als The Entity verfilmt.
Randy Liebeck informierte Darren Ritson, dass Barry Conrad und andere offensichtlich von paranormalen Aktivitäten im eigenen Haus heimgesucht wurden, nachdem sie mit der Fokusperson des San Pedro-Falls in Kontakt gekommen waren.
Anfang 1989 wurde Taff von einer Frau namens Susan Castenada angerufen, die behauptete, dass ihre gute Freundin, Jackie Hernandez, ihr erzählt habe, dass sie von „Geistern“ heimgesucht werde. Jackie hatte durchaus Vorbehalte gegen den Einsatz von Ermittlern, da sie um ihren guten Ruf fürchtete. Zudem war sie mit ihrem zweiten Kind schwanger. So wurde es August, bis Susan sich nochmals bei Taff meldete und angab, dass Jackie jetzt kooperativ sein würde. Der erste Besuch wurde für den 08. August 1989 vereinbart. Taff wurde von vier Kollegen begleitet: Barry Conrad (Autor und Kameramann, der seit längerer Zeit mit Taff zusammenarbeitete), Jeff Wheatcraft (erfahrener Fotograf, extrem skeptisch und langjähriger Freund von Barry Conrad), Beth Shatsky (Journalistin) und einem ihrer Kollegen, Larry Brooks.
Als die Ermittler den älteren Bungalow betraten, wurden sie von einem intensiven, fauligen Gestank nach Verwesung begrüßt, zusammen mit dem starken Gefühl, dass eine Art Überdruck herrschte. Es fühlte sich an, als bewegten sie sich auf dem Grund eines sehr tiefen Wassers. Während sie durch das Haus geführt wurden, hörten sie beständig dumpfen Krach, den sie „als würde eine zweihundert Pfund schwere Ratte über den Dachboden laufen“ beschrieben. Sie schauten nach, konnten aber keinen Ursprung entdecken. Später entdeckten sie eine merkwürdige dicke Flüssigkeit, die in einem Esszimmerschrank an der Rückwand heruntertropfte. Wie sich bei einer späteren Untersuchung herausstellte, handelte es sich um männliches Blutplasma.
Unterdessen berichtete ihnen Jackie, was bisher alles geschehen war. Sie gab an, dass diverse Möbelstücke, Lampen, Kinderspielzeuge, Stühle, Bilder und mehr mit Gewalt umhergeworfen worden waren. Pepsi-Dosen waren ebenfalls darunter, die teilweise auch direkt auf sie gerichtet wurden. Elektrogeräte sponnen. Jackie berichtete auch, apparitions gesehen zu haben, darunter einen knorrigen alten Mann beim Badezimmer und eine weitere männliche Gestalt, die an ihrem Esstisch saß. Eines Nachts, als sie mit Susan auf dem Wohnzimmerboden schlief, weil die Schlafzimmer viel zu sehr von den Phänomenen betroffen waren, erschien über ihr eine merkwürdige, dichte Wolke, die offenbar anfing, sie zu würgen. Als sie röchelte und nach Luft schnappte, wachte Susan auf und sah die Wolke ebenfalls. Es gelang ihr, Jackie darunter hervorzuziehen und sie so in Sicherheit zu bringen. Das war der Moment, in dem Jackie entschied, dass sie professionelle Hilfe brauchte.
Bevor die Besucher an diesem Tag das Haus verließen, wurde entschieden, dass Jeff Wheatcraft nochmals auf den Dachboden gehen sollte, um Fotos zu machen. Obwohl er skeptisch war, dass das etwas bringen könnte, stimmte er zu. Nur ein paar Momente, nachdem er die Leiter hinauf geklettert war, hörten die übrigen Anwesenden einen lauten Schlag und Wheatcraft floh vom Dachboden. Aufgelöst und zitternd erschien er im Wohnzimmer und berichtete, dass irgendetwas ihm die Kamera mit Gewalt aus den Händen gerissen hätte, während er fotografierte.
Natürlich wollte er seine Kamera nicht einfach auf dem Dachboden liegen lassen, also begaben sich die unerschrockenen Ermittler hinauf, um sie zu holen. Als sie die Kamera schließlich fanden, waren sie überrascht, sie in zwei Teilen an der jeweils gegenüberliegenden Seite auf dem Dachboden zu finden; die beiden Einzelteile waren gut 16 Fuß voneinander entfernt. Der eine Teil – der Kamerakörper – war dabei in eine Kiste gesteckt worden, mit der Linse nach unten; beide Teile waren unbeschädigt. Während alle den Dachboden untersuchten, um möglicherweise herauszufinden, wie das hatte geschehen können, wurde Wheatcraft so heftig von etwas Unsichtbarem angegriffen, dass er anschließend medizinisch behandelt werden musste. Conrad stand in seiner Nähe und sah fassungslos zu, wie Wheatcraft in die Dunkelheit gerissen wurde.
Das reichte allen und sie entschieden, zu gehen. Bis alles gepackt war, hatten sich die Dinge wieder beruhigt.
Ein paar Wochen später, am 4. September 1989, besuchten Conrad, Wheatcraft und ein Fotoassistent namens Gary Boehm Jackie erneut, die angerufen und gesagt hatte, dass sich die Aktivitäten derart verstärkt hätten, dass es unerträglich geworden war. Taff hatte dieses Mal keine Zeit. Wieder war es Wheatcraft, der grauenhaft auf dem Dachboden attackiert wurde. Wheatcraft war auf dem Weg in Richtung des niedrigen Dachbodenteils, auf dem man sich nur kriechend fortbewegen konnte. Gary war im Begriff, die Leiter wieder hinabzusteigen, als Wheatcraft plötzlich fühlte, wie sich etwas um seinen Hals schlang und er nach oben und links gezogen wurde. Als sich die Luftzufuhr schlagartig weiter verengte, schrie er laut um Hilfe oder stöhnte auf, was Gary alarmierte. Scheinbar hatte etwas eine Plastikwäscheleine um Wheatcrafts Hals geschlungen, festgezogen und ihn dann zu einem Nagel hochgerissen, der aus einem Dachsparren hervorlugte. Die unsichtbare Gewalt, die versuchte, Wheatcraft zu hängen, schlug dabei dessen Brille weg, versetzte ihn in einen Schock und er verlor kurzzeitig das Bewusstsein.
Nach dieser Nacht kehrte Wheatcraft nie wieder in das Haus in San Pedro zurück. Dennoch schien die Entität noch nicht mit ihm abgeschlossen zu haben, wie sich zeigen sollte.
Jackie hatte etliche Monate lang die Poltergeistaktivitäten erduldet, bevor sie schließlich entschied, dass es genug war. Sie verließ San Pedro und zog im Oktober 1989 nach Weldon, Kern County, Kalifornien, in einen kleinen Wohnwagenpark. Kurz nach ihrer Ankunft hörte sie Kratzgeräusche aus dem Schuppen hinter ihrem neuen Wohnsitz, gefolgt von der Erscheinung eines Geistes auf einem großen Fernsehgerät, das sie ebenfalls aus dem Schuppen hatte. Dieser Fernseher war zum Zeitpunkt der Erscheinung ohne Strom und drei Menschen können die Erscheinung eines Kopfes in der linken Ecke des TV-Bildschirms bestätigen. Jackie kontaktierte Taff erneut.
Am 13. April 1990 reisten Conrad und Wheatcraft die 380 Meilen zu Jackie. Wheatcraft war anscheinend der Meinung, dass die neue Umgebung ihn absicherte. Er wollte verstehen, warum Jackie schon wieder von paranormalen Aktivitäten heimgesucht wurde. Während eines nicht näher beschriebenen „Experiments“ in Jackies neuem Zuhause wurde er erneut in die Luft geschleudert, dieses Mal von einem Stuhl, knallte gegen die Wand und wurde bewusstlos. Das Ganze passierte in einer derartigen Gewalt, dass Conrad Angst hatte, dass Wheatcraft tot sein könnte.
In dem Versuch, dem Poltergeist noch einmal zu entkommen, kehrte Jackie mit ihren Kindern nach San Pedro zurück, um Familie und Freunde zu besuchen. Währenddessen wohnte sie in einem Motel. Als sie eines Abends in das Motelzimmel zurückkehrte, waren zu ihrer Bestürzung die Zimmerwände mit rotem Edding beschmiert. Worte wie „verrückt“ und „verärgert“ standen überall. Jackie musste das Motel verlassen. Im Juli 1990 zog sie endgültig zurück nach San Pedro, als sie realisierte, dass sie dem Poltergeist nicht entkommen konnte und weil ihre Familie und alle ihre Freunde dort wohnten. Sie fand ein kleines Haus. Die Poltergeistphänomene setzten sich ein paar weitere Monate fort, sehr zu Jackies Verdruss.
Zu diesem Zeitpunkt nahm der Fall eine merkwürdige Wende, gibt Taff an. In Barry Conrads Zuhause in Studio City, das Jackie einige Male besucht hatte, geschahen unerklärliche Dinge. Jedes Mal, wenn sie ging, setzten aggressive paranormale Aktivitäten ein. So fing der große Gasofen in Conrads Küche mehrfach von alleine an heftig zu brennen. Einmal ließ er ein Papier und einen Stift auf einer Arbeitsfläche in der Nähe des Ofens liegen, in der Hoffnung, der Poltergeist würde eine Nachricht hinterlassen. Doch als er wiederkam, brannte das Papier und der Gasofen war ebenfalls unter vollem Feuer. Während dieser Gasofen sich plötzlich selbst entzündete, war einmal eine Filmcrew zugegen. Eine Schachtel Patronen, die sich sicher verwahrt in einem Schrank befunden hatte, fiel plötzlich auf den Ofen, der sich daraufhin spontan entzündete. Zum Glück war Conrad zugegen und konnte Schlimmeres verhindern. Möbel bewegten sich, eine kleine Flasche flog langsam durch die Luft und Conrads schnurloses Telefon lag plötzlich auf einem Lampenschirm. Diverse Gegenstände im Kühlschrank wurden umgedreht, Fenster in seinem Apartment implodierten und versprengten überall Glassplitter und ein paar große Scherben bewegten sich ebenfalls umher, wobei sie immer zum Schluss auf Conrads Kopfkissen im Bett landeten. Einmal fingen sie an, das Kissen zu zerschneiden, während Conrad Kopf nur wenige Zentimeter entfernt lag und er schlief.
Taff selbst lehnte die Möglichkeit, dass der Poltergeist Conrad gefolgt sei, kategorisch ab. Vielmehr hielt er die Geschehnisse für eine Art Psychokinese, wobei seine Symptomatik gleichzeitig durchaus einer Ansteckung gleicht; er bezeichnet sie folgerichtig als „Psycho-Virus“.
Bereits Gauld und Cornell (1979) berichten in Poltergeists von möglichen Ansteckungen (Seite 353 ff.). Als Beispiel wird Lading (1916) aufgeführt. Diese Poltergeistphänomene waren ziemlich komplex und beinhalteten auch kommunikative Klopfgeräusche, die scheinbar von verstorbenen Personen stammten und Übergriffe auf ein elfjähriges Mädchen. Nach etwa einem Jahr sprangen die Phänomene über auf einen ebenfalls elfjährigen Jungen, der das Haus mit seiner Familie besucht hatte. Wobei angemerkt wird, dass wohl ein Familienmitglied des Jungen den Poltergeist dazu „einlud“. Weitere Fälle, in denen scheinbar eine Übertragung – und damit vielleicht Ansteckung – stattfand, sind Schwartzbach (1749), Guillonville (1849), Frankreich (1940), außerdem Orielton (1184) und Ponta Pora (1969).
Warum Schwartzbach (1749) bei Gauld & Cornell in diesem Zusammenhang erwähnt wird, ist nicht ganz klar. Vielleicht durch den Umstand, dass die Phänomene sich zunächst auf die Magd zu konzentrieren schienen und dann auf die älteste Schwester des Pastors Friedrich Caspar Schilling. Da aber insbesondere bei Beginn der Aktivitäten beide anwesend waren, ist meiner Ansicht nach hier nicht klar belegbar, dass eine Art Ansteckung stattgefunden haben könnte.
Weitere deutsche Fälle, die eine Ansteckung vermuten lassen könnten, sind Charlottenburg (1929) und Scherfede (1972).
Charlottenburg ist in jeder Hinsicht ein ungewöhnlicher, komplexer, wenngleich kontroverser Fall. Glaubt man der Zeitschrift für Parapsychologie (Oktober 1929), in der Dr. Paul Sünner den Fall präsentierte, waren außer der Fokusperson, Lucie Regulski, ganze sieben weitere Familienmitglieder an fünf unterschiedlichen Orten von unerklärlichen Phänomenen betroffen. Sie alle hatten Lucie und ihre Familie besucht. Erwähnenswert: Auch hier wurde ein Verstorbener für die Ereignisse verantwortlich gemacht, Lucies Onkel Hans Regulski.
Dr. Paul Sünner interviewte sechs der „infizierten“ Personen. Die Witwe von Hans Regulski lebte mit ihren zwei Kindern und den Geschwistern Hans und Elisabeth Pischkowski in einer kleinen Wohnung in Berlin. Seit dem Tod ihres Mannes hatte die Witwe verschiedene Ereignisse beobachtet. Zehn Tage nach dem Tod ihres Mannes hatte sie gehört, wie die Haustür aufgeschlossen wurde und jemand durch den Flur kommend das Schlafzimmer betrat. Sie war sich sicher, dass es sich um den Verstorbenen handelte, der ihr zudem noch ein zweites Mal einen Besuch abstattete. Die Geschwister bestätigten dies. Die beiden Kinder gaben ebenfalls an, ihren Vater gesehen zu haben. Dazu kamen sporadisch weitere Vorfälle, so Klopfgeräusche, Rasseln, kalte Windzüge, eine helle Erscheinung und die Bewegung einer Streichholzschachtel.
Einer seiner verheirateten Schwestern sei der Verstorbene ebenfalls erschienen, zwei Tage nach seinem Tod. Zudem wurde am helllichten Tag ein Küchenstuhl in die Luft gehoben und dann dreimal auf den Boden geschlagen.
Die Cousine und gute Freundin des Verstorbenen wusste ebenfalls zu berichten, dass er bei ihr gewesen sei. So wie sie es einst im Scherz mit Hans gemacht habe, hätte er ihre Füße angehoben und dann wieder fallenlassen.
Die Schwester von Lucies Vater, Frau Kruswicki, berichtete, dass sie gemeinsam mit dem ältesten Sohn gesehen hatte, wie eine Streichholzschachtel von außen gegen ein Fenster flog. Es entstand ein lautes Geräusch und die Schachtel schien einen Moment zu verweilen, als würde sie jemand festhalten.
Die Frau eines Neffen von Hans berichtete, dass sie gesehen hatte, wie ein Taschentuch von einer Blumenkiste fiel, die von Hans angefertigt worden war. Dabei wurde es auf dem Boden regelrecht ausgebreitet, wie von einer unsichtbaren Hand. Zudem war die Kette des Hundes mehrfach in der Nacht durchbrochen oder durchschnitten worden und das Tier in höchstem Aufruhr.
Richtigerweise kann kritisch angemerkt werden, dass es sich um Einzelfälle handelte.
Der Fall Scherfede (1972) wurde durch Hans Bender untersucht. Zentrales Phänomen war die unerklärliche Bildung von Wasserpfützen und regelrechten Wassermassen, die die Wände innerhalb des Hauses herunterliefen. Als die Ereignisse eskalierten, kamen die Nachbarn des übernächsten Hauses und berichteten, dass bei ihnen dieselben Phänomene auftraten. Eine Stunde später folgten die Bewohner des überübernächsten Hauses. Drei Tage lang waren drei Häuser von den Phänomenen betroffen, die durch niemanden erklärt werden konnten. Nur die Nachbarn, die niemals von der Fokusperson, Kerstin, besucht worden waren, und deren Haus unmittelbar an das von Kerstins Familie grenzte, waren nie betroffen.
9. Persönliches Fazit
Aus meiner eigenen Historie (annähernd 100 Untersuchungen) kann ich beisteuern, dass ich weder jemals selbst mit dem Phänomen einer Ansteckung in Kontakt gekommen bin, noch jemanden kenne, bei dem das der Fall ist.
Meiner Meinung nach gibt es zu wenig wissenschaftsnah dokumentierte Fälle, die das Vorhandensein einer möglichen Ansteckung mit paranormalen Phänomenen zu belegen. In den meisten Fällen dürfte tatsächlich Einbildung oder Falschinterpretation für vermeintliche Zusammenhänge verantwortlich sein.
10. Fußnoten und Quellen
McCue, Peter A. (2022): Paranormal Contagion: A Potential Hazard for Case Investigators. In: Journal of the Society for Psychical Research. Vol. 86, Number 4, Issue 949. S. 193 – 209. o.V.: London.
Ritson, Darron W. (2021): Poltergeist Parallels and Contagion. Mumbai: White Crow Books.
Cornell, A. D.; Gauld, Alan (2018): Poltergeists. Mumbai: White Crow Books.
Nowara, Sonja (2024): Poltergeister in Deutschland. (Buch ist noch nicht erschienen)
Dieser Beitrag wurde am 23.01.2025 zuletzt bearbeitet.