1. Einleitung

Die Estes-Methode beschreibt eine paranormale Untersuchungstechnik, die in den letzten Jahren an Bekanntheit gewann. Ursprünglich eingeführt wurde sie durch Karl Pfeiffer während dessen Untersuchung des Stanley Hotels, das im Estes Park in Colorado liegt. Das Hotel, das eigentlich eine friedvolle Geschichte aufzuweisen hat, ist seit Stephen Kings „Shining“ zu einem angeblichen „Hotspot“ in Sachen paranormalen Aktivitäten mutiert.

Bei der Estes-Methode trägt eine Person (der „Receiver“ = Empfänger) eine Augenbinde und Geräusche unterdrückende Kopfhörer. Diese sind an eine Spirit Box angeschlossen, die gemäß eingestellter Geschwindigkeit durch Radiofrequenzen scannt und dabei nicht nur Sequenzen mit sog. weißem Rauschen erzeugt, sondern auch Audio-Ausschnitte von Radiosendern abspielt.

Eine zweite Person (der „Operator“ = auf bestimmte Art agierend) stellt Fragen, die die erste Person angeblich oder gesichert nicht hören kann.

Die Theorie dahinter besagt, dass „Geister“ die Phasen des weißen Rauschens in der Spirit Box nutzen können, um Fragen zu beantworten oder Botschaften mitzuteilen. Die Augenbinde und die Kopfhörer sollen dabei mögliche Ablenkungen verhindern und eine bessere Konzentration auf mögliche Nachrichten durch die „jenseitige Welt“ ermöglichen. Diese Methode soll dem Ganzfeld Experiment sehr ähnlich sein und deshalb sehr nah am wissenschaftlichen Vorgehen sein.

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2. Betrachtung

Für die Ausübung der Estes-Methode werden grundsätzlich nur drei Dinge benötigt:

  1. Eine Spirit Box (oder Ghost Box); ein Gerät, das gemäß eingestellter Geschwindigkeit durch Radiosenderfrequenzen scannt und dabei weißes Rauschen
  2. Kopfhörer, die eine sog. Noise-Cancelling-Funktion besitzen, also Außengeräusche unterdrücken können und die für das „Gelingen“ der Methode eine besondere Stellung einnehmen.
  3. Eine Augenbinde, die angenehm zu tragen sein soll, um visuelle Ablenkungen zu verhindern.

Während der Receiver mit Augenbinde und Kopfhörern die Spirit Box abhört, stellen der oder die Operator Fragen, die auf eine Kommunikation mit möglichen „Geistern“ abzielen. Meistens sind diese Fragen an die jeweilige Location angepasst, deren Geschichte den Untersuchern oft in einem bestimmten Umfang bekannt ist. Die Fragen werden laut gestellt. Wenn der Receiver Wörter oder Sätze zu verstehen glaubt, äußert er diese ebenfalls laut. In Einzelfällen findet eine Aufzeichnung der Session statt, die eine spätere Auswertung mit Überprüfung der Ereignisse ermöglicht.

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3. Anwendung

Die Methode wird in zahlreichen bekannten paranormalen TV-Shows und Youtube-Channels angewendet:

  • Ghost Adventures
  • Kindred Spirits
  • The Ghost Brothers
  • Ghost Files
  • Amy’s Crypt
  • Sam and Colby
  • Ruhelose Seelen
  • Ghosts off Grid

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4. Kritische Betrachtung

Generell ist die Spirit Box ein umstrittenes Medium und aus rein wissenschaftlicher Sicht für die Feldforschung unbrauchbar. Die vermeintlich verstandenen Sätze/Wörter bestehen aus Wortfetzen, die vom jeweiligen Receiver individuell verstanden und interpretiert werden und extrem beeinflusst sind durch Suggestion und akustische Pareidolie. Dazu kommt vermeintliches oder vorhandenes Wissen über die Historie einer bestimmten Location und eine damit verbundene willentliche oder unwillentliche (=unbewusste) Anpassung/Adaption des vermeintlich Gehörten.

Selbst wenn der Receiver die gestellten Fragen nicht unmittelbar hört, unterliegen die vermeintlich gehörten „Antworten“ immer noch der rein subjektiven Interpretation, die immer von verschiedenen Faktoren beeinflusst ist, u.a. der Umgebung. Nicht nur vom Receiver, sondern auch von den Operators oder Questioners, also den Fragestellern, werden Antworten falsch interpretiert.

Kritiker werfen einigen Ghosthuntern vor, dass diese Antworten, die nicht zur Frage oder Thematik passen, einfach ignorieren und sie sich nur aus den „passenden“ Antworten vermeintliche Übereinstimmungen mit der Location aussuchen. Diese Praxis gilt insbesondere in wissenschaftlichen und skeptischen Kreisen als unethisch und wird als „cherry-picking“ bezeichnet.

Der bekannte Skeptiker Kenny Biddle führt folgendes Beispiel an:
Während einer Ghosthunter-Veranstaltung, die er selbst besuchte, fragte jemand: „In welchem Jahr bist du gestorben?“ Daraufhin glaubte der Receiver zu hören: „Treppe“. Dies war keine korrekte Antwort, dennoch sprangen alle darauf an: „Oh, du bist also die Treppe hinunter gefallen…“

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5. Das Ganzfeld-Experiment

Dieses Experiment setzt einen Sender und einen Empfänger voraus. Der Empfänger wird in einen schallisolierten Raum gebracht und hört über Kopfhörer entweder weißes oder rosa Rauschen (weißes Rauschen ist die Kombination von Geräuschen aller möglichen Frequenzen, während rosa Rauschen die höheren Frequenzen herausfiltert). Gehälftete Tischtennisbälle liegen dabei über den Augen des Empfängers, die wiederum von einem roten Licht beleuchtet werden.

Der Sender befindet sich in einem anderen Zimmer. Er sieht ein Video oder ein Foto, das zufällig ausgewählt wurde und versucht nun, dem Empfänger via Telepathie seine Eindrücke zu übermitteln.

Das Ganzfeld-Experiment hat somit nichts mit der Estes-Methode zu tun, die keinerlei wissenschaftliche Standards vorweisen kann.

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6. Fazit

Objektiv betrachtet, führt die Estes-Methode in ihrer einfachen/grundlegenden Ausführung zu keinerlei auch nur annähernd als wissenschaftlich oder wissenschaftsnah bezeichneten Ergebnissen. Vielmehr beruht sie auf subjektiven Wahrnehmungen und ist extrem fehleranfällig.

Eine zusätzliche Möglichkeit, die Methode dennoch einzusetzen, führt über die konsequente Anwendung einer sogenannten „Kontrollfrage“. Eine anwesende Person überlegt sich diese Frage, die nichts mit der zu untersuchenden Location zu tun haben darf. Eine weitere Absicherung könnte darin bestehen, dass neben der als selbstverständlich vorauszusetzenden technischen doppelten Aufzeichnung (sowohl die Spirit Box als auch der Receiver werden aufgenommen), dieses Kontrollwort von einer Kamera mit Zeitstempel aufgezeichnet wird.

Die Auswertung der beiden Tonspuren sollte nicht ausschließlich durch die anwesenden Ghosthunter erfolgen, sondern auch „Fremde“ (z.B. Freunde) involvieren, die die Location nicht kennen und dem Thema generell unvoreingenommen, aber mit gesunder Skepsis, gegenüberstehen.

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7. Quellen

Hellozween (2024): The Estes Method. Online verfügbar unter: https://www.hallozween.com.au/the-estes-method. Zuletzt geprüft am 17.09.2025.

Hauntscout (2025): The Estes Method: An In-Depth Exploration. Online verfügbar unter: https://www.hauntscout.com/articles/the-estes-method-an-in-depth-exploration/. Zuletzt geprüft am 17.09.2025.

The Sceptic (2024): The Estes method is an update to the ghost hunter’s Spirit Box, with all the same flaws. Online verfügbar unter: https://www.skeptic.org.uk/2024/08/the-estes-method-is-an-update-to-the-ghost-hunters-spirit-box-with-all-the-same-flaws/. Zuletzt geprüft am 17.09.2025.

Biddle, Kenny (2024): A Closer Look: ‘Groundbreaking’ Ghost Experiment Breaks No Ground. Online verfügbar unter: https://skepticalinquirer.org/exclusive/groundbreaking-ghost-experiment-breaks-no-ground/. Zuletzt geprüft am 17.09.2025.

Hammond, Aaron (2013): Meet Northern Colorado’s Ghost Hunter: Karl Pfeiffer. Online verfügbar unter: https://bandwagmag.com/2013/10/meet-northern-colorados-ghost-hunter-karl-pfeiffer/. Zuletzt geprüft am 17.09.2025.

Pfeiffer, Karl (2013): Exploring the EMPTY Stanley Hotel. Online verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=UP9Y4urJjzU.  Zuletzt geprüft am 17.09.2025.

Wikipedia (2025): The Stanley Hotel. Online verfügbar unter: https://en.wikipedia.org/wiki/The_Stanley_Hotel. Zuletzt geprüft am 17.09.2025.

Wikipedia (2025): Ganzfeld experiment. Online verfügbar unter: https://en.wikipedia.org/wiki/Ganzfeld_experiment. Zuletzt geprüft am 17.09.2025.

Dieser Beitrag wurde am 17.09.2025 zuletzt bearbeitet.