Harry Price (1881-1948) gehört sicherlich auch in Deutschland zu den bekanntesten „Geisterforschern“. Der Brite war eine schillernde Persönlichkeit seiner Zeit und machte beispielsweise die Borley Rectory als Englands Spukhaus Nummer eins bekannt, studierte Poltergeister und begab sich sogar auf den Brocken nach Deutschland. Er widmete einen großen Teil seines Lebens und seiner finanziellen Mittel der Erforschung des Paranormalen und war Autor zahlreicher Bücher.

Price wurde 1881 in London geboren und starb 1948 in Pulborough an einem Herzinfarkt in seinem Lieblingssessel. Bei seinem Tod galt er als weltweit führende Autorität in Bezug auf Geister und Spukhäuser und generell paranormalen Phänomenen. Acht Jahre später wurde er des Betrugs beschuldigt, in seinem berühmtesten Fall – der Borley Rectory. Der Ghosthunter und Autor Peter Underwood hatte für seine Kurzbiografie in seinem Buch The Ghost Hunters Einsicht in Prices Unterlagen, besuchte dessen Witwe und sprach mit Dutzenden Menschen, die ihn gekannt und mit ihm gearbeitet hatten.

Nach eigenen Angaben untersuchte Harry Price sein erstes Spukhaus im zarten Alter von 15 Jahren; zum selben Zeitpunkt besuchte er auch seine erste Séance. Am Goldsmiths College in London studierte er Technik, Chemie und Fotografie und führte mit 18 Jahren Space-Telegraphy-Experimente durch. Für einige Jahre beschäftigte er sich auch mit Numerologie und Archäologie. An beidem verlor er wohl das Interesse, nachdem in seiner Abwesenheit seine wertvolle antike Münzsammlung gestohlen worden war.

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Harry Price im Jahr 1922
Quelle: Wikipedia.

Mit 27 Jahren heiratete er seine Jugendliebe Constanze und führte eine glückliche Ehe, auch wenn das Paar keine Kinder bekam und sich Constanze überhaupt nicht für seine Arbeit interessierte. Im 1. Weltkrieg unterstützte er die Royal Flying Corps mit Farbfiltern für erste Luftaufnahmen und war für eine kleine Munitionsfabrik verantwortlich; eine Herzerkrankung hatte ihn untauglich für militärische Einsätze gemacht.

1922 besuchte er auf Einladung von Dr. Eric Dingwall die ersten Séancen mit dem deutschen Medium Willi Schneider. Im selben Jahr überführte er William Hope des Betrugs, der angebliche Geisterfotografien anfertigte. Dies führte zu einem bitteren Streit mit Sherlock-Holmes-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle, der erst beigelegt wurde, als dessen eigene Unterstützer Prices Vorwürfe bestätigten. Ebenfalls 1922 editierte er mit Dingwall sein erstes Buch, Revelations of a Spirit Medium (Kegan Paul, Trench, Thubner & Co Ltd, 1922), ein Werk, dass Aufschluss über sämtliche Tricks bei Séancen vermittelte und durch das amerikanische Medium Donovan geschrieben worden war.

Das Jahr 1923 hatte für Price zeitlebens eine besondere Bedeutung, denn durch Zufall lernte er während einer Zugfahrt Stella Cranshaw, später Mrs. Leslie Deacon, kennen, die als Stella C. bekannt wurde. In Prices Augen wurde sie zu dem brillantesten physischen Medium, mit dem er je arbeitete und die Séancen mit ihr schrieben Geschichte. Außerdem sorgte die Entdeckung dafür, dass Price einen lange gehegten Plan in die Tat umsetzte: die Einrichtung eines Labors, in dem Medien wissenschaftlich getestet werden sollten. Er fing mit einem Zimmer am Queen Square an und zog mehrfach um, bevor schließlich 1937 alle Apparate und alles Equipment in die Londoner Universität gebracht wurden. Price war fest überzeugt, dass Stella C. unter kontrollierten Testbedingungen echte paranormale Phänomene erzeugen konnte. Dabei beschrieb er ihre Trance als leichten Schlaf; sie sackte einfach in den Armen einer Kontrollperson zusammen und augenblicklich setzten Phänomene ein. In der Anfangszeit handelte es sich um gewaltsame Bewegungen des Tisches, um den alle herumsaßen. Zeitgleich kam es zu einem Temperaturabfall. Die Anwesenden konnten laut Price in ausreichenden Lichtverhältnissen den über 20 Kilogramm schweren Tisch sechs Mal levitieren sehen. Weitere Phänomene bestanden aus selbständig spielenden Musikinstrumenten, die sich in einem versiegelten Käfig befanden, der Produktion von Teleplasmasträngen, der Levitation von kleineren Objekten, auftretenden Lichtern und spontanem Hellsehen. Nach fünf Jahren begannen die Phänomene nachzulassen.

Im Jahr 1925 machte Price anstelle von Sir Arthur Conan Doyle eine Lesereise durch Skandinavien. Doyle war durch die „Geister“ vor dieser Reise gewarnt worden. Es kam außerdem zu weiteren Sitzungen mit Willi Schneider und dessen Bruder Rudi, der sogar noch eindrucksvollere Phänomene produzieren konnte. Unter angeblich perfekten Kontrollbedingungen bewegten sich Objekte, Knoten erschienen in Taschentüchern, Vorhänge bäumten sich auf, es traten Klopfgeräusche und Temperaturveränderungen auf. Zudem wurde Price Research Officer für die American Society for Psychical Research, ein Posten, den er sechs Jahre innehatte. Er nahm am International Congress for Psychical Research in Warschau teil, eröffnete eine Ausstellung in Kopenhagen und hielt Vorträge in den Universitäten in Paris, Wien, Oslo und Deutschland. Es kam zu einer weiteren Leserreise in Skandinavien und er untersuchte angebliche Medien in Österreich, Deutschland, Frankreich, Kopenhagen, Rom und England. Er wurde Vizepräsident der Magiervereinigung und besuchte 1929 zum ersten Mal den Ort, der ihn für den Rest seines Lebens faszinieren sollte: Borley Rectory, damals schon mit einem gewissen Ruf als Spukhaus.

Aus dieser Faszination heraus resultierten zwei der bekanntesten Bücher von Harry Price: The Most Haunted House in England (1940) und The End of Borley Rectory (1946). Price mietete das Pfarrhaus sogar für ein ganzes Jahr und organisierte eine ganze Reihe an Personen, die mit ihm vor Ort Untersuchungen durchführten. Unzählige Notizen, Briefe, Fotografien und Pläne wurden gesammelt. Es war auch dieses Projekt, dass Price angreifbar machte; unter anderem kritisierte die Society for Psychical Research sein Vorgehen.

Am 7. Oktober 1930 hielt Price eine Séance mit dem Medium Eileen Garrett ab. Sechzig Stunden zuvor war das Verkehrsluftschiff R101 mit 54 Personen an Bord in Frankreich abgestürzt. Unter den Toten war auch Commander Leutnant Irwin, der sich während der erwähnten Séance des Mediums bemächtigte und angab, dass zu große und schwere Bauteile zu dem Absturz geführt hätten. Angeblich wurden die so übermittelten technischen Details später als Absturzursache bestätigt.

1931 lud Price das Materialisationsmedium Helen Duncan in sein Labor ein und überführte sie des Betrugs: Bei dem angeblich durch sie produzierten Ektoplasma handelte es sich um Stoff, den sie vor der Séance schluckte und dann wieder hochwürgte. Helen Duncan war das letzte Medium, das aufgrund des inzwischen abgeschafften Hexengesetzes im Gefängnis landete.

Auch der bis heute bekannte Poltergeistfall von Gef, dem sprechenden Wiesel, wurde kurzzeitig durch Harry Price untersucht. Er war durch einen Brief auf den Fall aufmerksam gemacht worden, dass es auf der Isle of Man bei einer einsam in den Bergen lebenden Familie zu merkwürdigen Ereignissen kam, in deren Mittelpunkt offensichtlich ein sprechendes Wiesel stand. Price entsandte einen seiner Mitarbeiter, der das Wiesel scheinbar sogar sprechen hörte, damit Price aber nicht wirklich beeindrucken konnte. Der ignorierte den Fall mehr oder weniger, obwohl ihn die betroffene Manx-Familie mit detaillierten Briefen auf dem Laufenden hielt. Letztlich reiste er nach drei Jahren doch noch auf die Insel – doch Gef war nicht auffindbar und kehrte erst zurück, nachdem Price just die Insel wieder verlassen hatte. Allerdings stellten sich sichergestellte Haare als die des Familienhundes heraus, desgleichen ein Pfotenabdruck. Die Tochter der Familie, Voirrey, behauptete aber bis zu ihrem Ableben, dass die Geschichte gestimmt hätte.

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Quellen

Puhle, Annekathrin (2004): Lexikon der Geister. Über 1000 Begriffe aus Mythologie, Volksweisheit, Religion und Wissenschaft. S. 265 f. München: Atmosphären Verlag.

Underwood, Peter (1985): Ghosthunters: Who they are and what they do. S. 3 – 26. London: Robert Hale Ltd.