1. Einleitung

RSPK (Recurrent Spontaneous Psychokinesis) ist inzwischen ein auch bei deutschen Wissenschaftlern anerkannter Begriff. Inhaltlich besagt RSPK, dass es einen menschlichen „Agenten“ oder eine „Fokusperson“ für spukhafte Ereignisse gibt (Wiederkehrende Spontane Psychokinese). Diese Person ist unbewusst Auslöser für die stattfindenden Phänomene, die wiederum verursacht werden durch eine Externalisierung von unausgesprochenen Problemen. Salopp gesagt wird so einer internen Problemlage einer Person eine öffentliche Bühne geboten, wobei die Zuschauer oft auf Familienmitglieder beschränkt sind, da dieses familiäre Setting Auslöser des Problems ist.

Während bei früheren Spukfällen oftmals von einer beachtlichen Anzahl an Zeugen die Rede ist [1], findet in der Gegenwart Spuk scheinbar eher hinter verschlossenen Türen statt – aus guten Gründen, wie Fälle wie „Chopper“ oder Oberbieber belegen [2] – die Akzeptanz in der Öffentlichkeit als zurückhaltend zu beschreiben, ist noch untertrieben. Betroffene erfahren damals wie heute erhebliche Nachteile in der Gesellschaft. Internet und Social Media sorgen heute für eine blitzschnelle und unkontrollierbare Verbreitung. Jede Zurückhaltung ist also nicht nur verständlich, sondern empfehlenswert.

RSPK, also personenbezogene Poltergeist-Phänomene, wurden in der Vergangenheit, aber auch noch in der Gegenwart, vor allem Kindern zugeschrieben, die sich auf der Schwelle zur Pubertät befinden. Tatsächlich lassen zahlreiche gut dokumentierte Fälle auch genau dies vermuten [3]: die psychische und physische Ausnahmesituation scheint sich in Einzelfällen, insbesondere wenn zudem noch innerfamiliäre oder Ich-bezogene Probleme dazukommen, als Auslöser für unerklärliche (=paranormale) Phänomene herauszukristallisieren.

Allerdings gibt es auch etliche belegte Fälle, in denen der pubertäre Teenager fehlt [4]. Dies lässt den Rückschluss zu, dass nicht allein pubertäre psychische Konstitutionen in der Lage sind, unter ungeklärten Umständen Phänomene zu produzieren, die nach heutigen Maßstäben der Physik und Psychologie nicht erklärbar sind.

Walter von Lucadou hat sich gemeinsam mit Sarah Pohl [5] bereits 2019 im Rahmen der internationalen Jahrestagung der PA (Parapsychological Association) der Thematik gewidmet und nicht zuletzt auch aus eigener Erfahrung festgestellt, dass der „idealtypische“ Spuk mit einem jungen Menschen in der Rolle der Fokusperson in etlichen Fällen nicht gegeben ist [6]. Vielmehr legen Hypothesen nahe, “dass Spuk ein sehr allgemeines, zum Menschen gehörendes Phänomen ist, welches sich flexibel an Lebensumstände, Person, psychische Vorbelastung und äußere Ereignisse anpasst und keinesfalls ein ‘Privileg’ der Jugend ist [7].

In der modernen Forschung wird daher von Lucadou/Pohl folgende Unterscheidung vorgeschlagen [8]:

  1. Der Alters- oder Seniorenspuk
  2. Der neurotische Spuk
  3. Der heilsame Spuk
  4. Der Burn-Out-Spuk
  5. Der depressive Spuk
  6. Der Trauerspuk

In dem hier vorliegenden Artikel wird auf jedwede Form der Intervention (gewissermaßen der „Behandlung“) verzichtet. Insbesondere die unter Differentialdiagnostik aufgezeigten psychischen Auffälligkeiten und Erkrankungen sollen verdeutlichen, dass eine Abklärung und lösungsorientiere Handlung immer in die Hände von Fachleuten gehört.

Ebenfalls verzichtet wird in dieser Darstellung auf mögliche Theorien als weiterführende Erklärung für den auftretenden Spuk. Im hier als Quelle verwendeten Originalbericht werden außerdem Fallbeispiele aus der Praxis aufgezeigt, die hier selbstredend auch keine Erwähnung finden.

Der vorliegende Überblick erhebt zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf Vollständigkeit und darf bestenfalls als Orientierung dienen.

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2. Überblick

1. Der Alters- oder Seniorenspuk
Dieser Spuk zeichnet sich durch eine relativ lange Dauer aus. Dabei fanden oft bereits in früheren Lebensphasen der betroffenen Person Spukerfahrungen statt. Generell gibt es ein „auf und ab“; aktive Phasen wechseln sich mit ruhigen Phasen ab. Zur Phänomenologie gehören klassische Vorkommnisse: Objekte verschwinden, verderben plötzlich oder werden zerstört aufgefunden; Objekte befinden sich an anderen Orten. Dazu kommt die Wahrnehmung von auditiven Geräuschen.

Die betroffene Person zeigt dabei eine gewisse soziale Abgeschiedenheit und scheut sich tendenziell vor sozialen Ereignissen oder Kontaktaufnahme. Oftmals spielt ein geringes Selbstwertgefühl in Verbindung mit dem Altwerden eine Rolle. Auch gesundheitliche Einbußen werden beobachtet – der eigene, unausweichlich bevorstehende Tod rückt ins zentrale Bewusstsein.

Differentialdiagnostik:
Es gibt eine Reihe medizinischer Störungen, die unbedingt ausgeschlossen werden müssen. Dazu gehören Demenz, degenerative Erkrankungen (z.B. Creutzfeldt-Jakob, Morbus Parkinson), aber auch völlig normale mögliche Vergesslichkeit.

2. Der neurotische Spuk
„Neurotisch“ ist heute vor allem ein umgangssprachlicher Begriff, der in der Psychologie nicht mehr genutzt wird. Eine derartige Vorverurteilung ist heute nicht mehr gewünscht. Generell beschreibt der Begriff psychische Erkrankungen, für die eine körperliche Ursache fehlt [9]. In der psychologischen Psychotherapie wird vielmehr der Begriff „histrionisch“ eingesetzt. Solche Persönlichkeiten tendieren dazu, Alltagssituationen überzubewerten und ihnen eine dramatische Note zu verleihen [10]. Betroffene klagen aber auch über Ängste und Ärger und körperliche Schmerzen und zeigen anankastisches (=zwanghaftes) Verhalten.
Bis der Betroffene um Hilfe bittet, ist oft über ein Jahr vergangen. Auffallend sind eine für die Person untypische und unerträgliche Unordnung und Verschmutzung der Wohnung, gewissermaßen ein Kontrollverlust. Es können unbekannte Gegenstände auftauchen. Entsprechend tendieren solche Personen zu einer akribischen Dokumentation der Vorfälle. Diese Beobachtung kann phänomenverstärkend wirken.

Differentialdiagnostik:
Hier könnte ein Zwang im Vordergrund stehen; auch eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung kommt in Frage. Beides muss therapeutisch abgeklärt und behandelt werden.

3. Der heilsame Spuk
Diese Spukform setzt meist im Anschluss an eine Krankheitsphase an. Dabei kann es sich um undifferenzierte Schmerzen handeln, die nicht klar diagnostiziert werden konnten. Entsprechend hoch ist auch die psychische Belastung. Der Spuk kann sich in autoaggressivem Verhalten äußern und es können Verletzungen (z.B. Hämatome) auftreten, es können auch Geräusche wie Poltern auftreten und Objektbewegungen stattfinden. Gleichzeitig findet aber eine Verbesserung zur vorangegangenen persönlichen Situation statt und der Betroffene nimmt beispielsweise Aktivitäten wieder auf, weil er deren Heilsamkeit erkennt.

Differentialdiagnostik:
Es können somatoforme Störungen (im Abklingen), posttraumatische Belastungssituationen (PTBS), aber auch Wahrnehmungsstörungen im Hintergrund stehen.

4. Burn-Out-Spuk
Meist geht den Phänomenen eine extreme Belastungssituation voraus, die beruflicher und/oder privater Natur sein kann und sich durch hohes Stressempfinden auszeichnet. Vielfach sind es Mehrfachbelastungen. Die Phänomene sind klassisch und können die ganze Bandbreite eines klassischen Spuks umfassen: Objektbewegungen, Geräusche wie Klopfen oder Schlagen, Stimmenhören, Präsenzgefühle, Erscheinungen und andere Wahrnehmungen. Manchmal wird auch schon eine Erklärung für das Auftreten der Vorfälle angeboten, beispielsweise (bestätigte oder unbestätigte) tragische Ereignisse, die sich nicht auf die eigene Familie beschränken. Betroffene zeichnen sich oft durch eine körperliche Robustheit aus, neigen aber zur Dissoziation und zur Externalisierung. Sie sehen keinen Ausweg aus der angespannten Situation, in der sie sich befinden.

Differentialdiagnostik:
Depressive Episoden, die in der psychologischen Psychotherapie als Background/Ursache einer modern Burn-out genannten Symptomatik auftreten können. Die depressive Episode befindet sich hier vermutlich in ihrer Entstehung; beim nachfolgenden depressiven Spuk ist sie bereits fortgeschritten.

5. Depressiver Spuk
Betroffene leiden oft schon jahrelang unter wiederkehrenden, für sie unerklärlichen Phänomenen. Der Beginn ist schleichend. Die Phänomenologie zeigt sich in Gegenständen, die kaputt gehen oder Defekte aufweisen. Es kann auch zu akustischen Phänomenen kommen und der Wahrnehmung einer Präsenz. Die Phänomene sind subjektiv. Die Personen beschreiben ihre Umgebung und Lebenssituation als auffallend negativ. Es können Verlustängste oder Ängste vor dem Älterwerden beschrieben werden. Eine Resignation und Hilflosigkeit können begleitend auftreten.

Differentialdiagnostik:
Depressive Episode, die sich in diesem Beispiel bereits verfestigt hat. Eine längerfristige und eventuell medikamentöse therapeutische und medizinische Behandlung kann erforderlich sein.

6. Trauerspuk
Diese Form zeichnet sich besonders durch einen plötzlichen Beginn aus, der im Anschluss an ein prägendes Ereignis stattfindet, zum Beispiel nach Verlust vom Partner oder eines Familienmitgliedes oder Haustieres. Die wahrgenommenen Phänomene beinhalten Mimikry-Geräusche und andere, bedeutungsvolle Phänomene, die unmittelbar mit dem Verstorbenen in Verbindung gebracht werden können. Auch Präsenzwahrnehmungen, Erscheinungen und Wasserphänomene können auftreten. Betroffene zeigen sich kooperativ und offen; meist gibt es keine psychischen Vorbelastungen. Nach Abschluss der Trauerphasen verschwinden die Phänomene meist.

Differentialdiagnostik:
Anpassungsstörung.

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3. Fazit

Abschließend sei betont, dass es sich bei diesen durch Lucadou und Pohl herausgearbeiteten Spukformen um Fälle aus der Beratungspraxis der Parapsychologischen Beratungsstelle der WGFP in Freiburg im Breisgau handelt. Fließende Übergänge innerhalb der dargestellten Formen sind möglich, ebenso Gemeinsamkeiten. Insbesondere muss betont werden, dass der Versuch, Spuk auf eine bestimmte Ursache zu reduzieren, fahrlässig wäre. Dies gilt umso mehr, wenn die hinzugezogenen Personen über keine psychologische Ausbildung verfügen.

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4. Quellen und Fußnoten
[1] In Deutschland gab es beispielsweise in Töttelstedt, Maulbronn, Goseck, Annaberg, Sandtfeld oder Weinsberg und Bad Bergzabern zahlreiche Augenzeugen.

[2] Hier führte der sehr hohe Bekanntheitsgrad und die Verbreitung über die Medien zu einer Verselbständigung, die sich erheblich zum Nachteil der Betroffenen auswirkte. Diese wurden im Verlauf in der Öffentlichkeit als unglaubwürdig oder Lügner dargestellt. Auch wenn mindestens bei „Chopper“ Betrugsversuche nicht von der Hand gewiesen werden können, rechtfertigt dies sicher nicht zur öffentlichen Hexenjagd.

[3] Resau, Bad Bergzabern etc.

[4] Weinsberg, Bad Liebenzell, Cleversultzbach u.a.

[5] Ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin der Parapsychologischen Beratungsstelle in Freiburg.

[6] Lucadou, Walter von; Pohl, Sandra (2019): RSPK 4.0. When Ghosts Get out of Line. In: Zeitschrift für Anomalistik. 19. S. 300 – 325. Freiburg: o.V. Online verfügbar unter: https://www.anomalistik.de/images/pdf/zfa/zfa2019_03_300_pohl_lucadou.pdf. Zuletzt geprüft am 27.07.2027.

[7] S. 8 der deutschen Übersetzung des Artikels: Lucadou, Walter von; Pohl, Sandra (2019): RSPK 4.0. When Ghosts Get out of Line. In: Zeitschrift für Anomalistik. 19. S. 300 – 325. Freiburg: o.V. Online verfügbar unter: https://www.anomalistik.de/images/pdf/zfa/zfa2019_03_300_pohl_lucadou.pdf. Zuletzt geprüft am 27.07.2027.

[8] Teil des Berichtes ist der Umgang mit den jeweiligen Spukformen. In diesem Artikel wird darauf verzichtet, da die Autorin der Ansicht ist, dass ein Auftreten von RSPK- und anderen Phänomenen in erster Linie in die Hände von klassifizierten Beratungsstellen (WGFP/IGPP) oder/und Psychologischen Psychotherapeuten gehört, allein schon wegen o.g. Differentialdiagnostik.

[9] Posmyk, Wiebke; Krsteski, Jasmin (2023): Neurose: Wann ist jemand neurotisch? Online verfügbar unter: https://www.onmeda.de/krankheiten/neurose-id200650/. Zuletzt geprüft am 27.07.2025.

[10] Wikipedia (2024): Neurose. Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Neurose. Zuletzt geprüft am 27.07.2025.

Dieser Beitrag wurde am 27.07.2025 zuletzt bearbeitet.